Auftakt im Nationalpark
Der Saisonauftakt leitet traditionell die Nationalparksaison ein, die aktuell unter dem Motto „Hier lebe ich. Hier bist Du Gast“ steht. Mit dem Jahresthema erfolgt in diesem Jahr ein Perspektivwechsel, um Bewohnern des Nationalparks eine Stimme zu geben.
Amtsleiter Gernot Haffner eröffnete die Veranstaltung und begrüßte die Anwesenden, bevor der Minister für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt, Dr. Till Backhaus, und der Landrat für den Landkreis Vorpommern-Rügen, Dr. Stefan Kerth, in ihren Grußworten auf die Bedeutung der Natur für die Region eingingen. Minister Dr. Backhaus beschrieb die Tourismusdestinationen des Landes sogar als Aushängeschild für Nachhaltigkeit und Naturschutz. „Ich bin voller Stolz auf unsere drei Nationalparke und alle anderen Großschutzgebiete Mecklenburg-Vorpommerns, die 32 % der Landesfläche ausmachen“, so der Minister und fuhr fort: „Nicht nur Erhalt und Schutz der Natur, auch Wissenschaft und Forschung, sowie Umweltbildung wird wichtiger denn je.“
Im April 2023 eröffnete der Skywalk über dem Königsstuhl im Nationalpark Jasmund, zeitgleich mit der modernisierten Ausstellung im Nationalpark-Zentrum, welche seitdem einen Besucheransturm erfährt. Im vergangenen Jahr kamen mehr als doppelt so viele Gäste wie 2022, rund 486.000.
Etwa vier Millionen Besucher jährlich zählt dagegen der Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft. An den fast 600 Veranstaltungen, etwa Führungen, Projekttage, Junior Ranger-AG’s, Vorträge und Arbeitseinsätze, nahmen im vergangenen Jahr mehr als 9.000 Menschen teil. Darüber hinaus besuchten 2023 fast 117.000 Gäste die Infozentren – 20.000 mehr als im Vorjahr. An Infoständen und Großveranstaltungen informierten sich mit mehr als 6.000 Menschen dreimal so viele wie 2022, resümierte der Minister. Dabei bleibt es eine Herausforderung, die Menschen so zu lenken, dass die Natur nicht beeinträchtigt wird. Allein auf dem Deichradweg in der Sundischen Wiese bei Zingst waren im vergangenen Jahr beispielsweise 120.000 Radfahrer*innen und Fußgänger*innen unterwegs.
Auch auf die Großprojekte Renaturierierung des Nothafens am Darßer Ort, den Inselhafen in Prerow und die Renaturierung auf dem Ostzingst kam Minister Dr. Backhaus zu sprechen. Ebenso ging er auf die Entwicklung des Campingplatzes am Darßer Nordstrand ein: „Das Thema erhitzt die Gemüter. Dabei prägen bedauerlicherweise sich teilweise widersprechende Informationen die öffentliche Meinung.“
Dieses Thema griff auch Amtsleiter Gernot Haffner in seinem anschließenden Vortrag auf, der einen Einblick in Erreichtes und Geplantes in den Nationalparken gab. Er informierte das Publikum im Hinblick auf den Campingplatz am Darßer Nordstrand mit Fakten aus erster Hand. Fest steht: „Das Land Mecklenburg-Vorpommern wird die Zukunft des Campingplatzes sichern, indem der Schutz und die Nutzung auf beispielhafte Weise miteinander verbunden werden“, erklärte Gernot Haffner.
Im Zusammenhang mit dem Campingplatz in den Dünen ging er außerdem auf die Entwicklung der Dünenlandschaft ein. „Die Weißdüne ist ebenso wie die Graudüne, die Braundüne und die bewaldete Küstendüne ein Bestandteil der natürlichen Dünenentwicklung. Jedes dieser Stadien ist nach europäischem Recht ein geschützter Lebensraum, für den Mecklenburg-Vorpommern eine besondere Verantwortung trägt.“ Neben diesem Exkurs in natürliche Abläufe in einem Küsten-Nationalpark erfuhren die etwa 65 Zuhörer*innen im Max Hünten Haus außerdem vor allem Aktuelles aus den beiden Schutzgebieten.
In seinem Vortrag sprach Amtsleiter Gernot Haffner ebenso Renaturierungsprojekte wie den Nothafen Darßer Ort und die Sundische Wiese an. Die Renaturierung des einstigen Nothafens ist so gut wie abgeschlossen und Besucher*innen zeigt sich inzwischen ein Bild der Idylle am Ottosee. „Dort kann sich die Küstendynamik endlich frei entfalten“, freute sich Gernot Haffner. Auf dem Ostzingst sind dagegen im Südteil der Sundischen Wiese die Renaturierungsarbeiten im zurückliegenden Winter angelaufen. In mehreren Bauphasen wird dort bis Ende 2026 die Landschaft in einen Küstenüberflutungsraum mit dynamischen Schwankungen des Wasserspiegels zurückgeführt.
Spannendes wusste Gernot Haffner außerdem zu aktuellen Monitoringprojekten zu berichten. So wurden im Zuge der Spinnenerfassung in beiden Nationalparks im letzten Jahr neben zahlreichen Rote-Liste-Arten auch zwei verschollen geglaubte Arten wiederentdeckt.
Besonders am Herzen liegt dem Leiter des Nationalparkamtes außerdem die Arbeit von zahlreichen Ehrenamtlichen und Freiwilligen, wie Naturschutzwarten, Vogelwärter*innen, Umweltpraktikant*innen oder Absolvent*innen des Bundesfreiwilligendienstes und FÖJs. Ihre Arbeit hob er als wichtige Unterstützung der Nationalparks hervor und dankte ihnen für ihre geleistete Arbeit.
In der Pause folgte ein reger Austausch unter den Besucher*innen und Teilnehmer*innen, bevor Prof. Dr. Erik Aschenbrand von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE) mit seinem Vortrag zum Projekt „Ranger – Zukunft der Schutzgebietsbetreuung gestalten“ einen Einblick in erste Ergebnisse der Studie gab.
Aktuell zeichne sich ein Generationenwechsel in den Schutzgebieten Mecklenburg-Vorpommerns ab, wobei weibliche Ranger unter 40 Jahren noch unterrepräsentiert sind. Kamen Ranger*innen bislang überwiegend aus einem grünen Ausbildungsberuf, ist bundesweit der Anteil derer mit einem Hochschulabschluss seit 2013 um etwa ein Drittel gestiegen. Inzwischen ermöglicht ein neuer Studiengang an der HNEE Ranger*innen sogar einen Studienabschluss. Damit einher gehen künftig ebenso sich verändernde und anspruchsvollere Aufgaben unter anderem aus dem Bereich des Monitorings. Signifikant dabei: Aufgaben und Anforderungen steigen in Mecklenburg-Vorpommern überproportional, während die Stellenzahl sinkt. So überraschte es nicht, dass Schutzgebietsverwaltungen im Nordosten sich mehr Personal und bessere finanzielle Ausstattung wünschen.
Dass das Thema die Menschen beschäftigt, zeigte auch die an den Vortrag anschließende Diskussion. „Die Ranger leisten Top-Arbeit. Es ist bedauerlich, dass bei ihnen eingespart wird“, fand eine Zuhörerin. Auch Lösungsansätze und Möglichkeiten für eine Verbesserung der Situation wurden rege ausgetauscht und diskutiert – noch lange nach dem offiziellen Ende des Saisonauftaktes.