Expertengremium nimmt Nationalparks unter die Lupe
Eine erste Evaluierung der beiden Schutzgebiete fand vor gut zehn Jahren statt. Im Sinne einer regelmäßigen und vergleichbaren Überprüfung des Nationalparkmanagements werden alle 16 deutschen Nationalparke nun erneut evaluiert. Hierzu wird für verschiedene Handlungsfelder die aktuelle Situation im Nationalpark einem Referenzzustand gegenübergestellt. Aus den so identifizierten Stärken und Schwächen resultieren konkrete Empfehlungen zur langfristigen Erhaltung des Nationalparks und – wo erforderlich – zur Verbesserung der Rahmenbedingungen und des Managements. Das externe Expertengremium war vier Tage lang in den beiden Nationalparks unterwegs und sprach mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Nationalparkamtes, sowie regionalen Stakeholdern.
Nach der im Vorfeld zusammengetragenen umfangreichen Selbsteinschätzung der Nationalparkverwaltung startete das Evaluierungskomitee mit einer Exkursion in den Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft. Diese führte die Expertenrunde unter anderem in den Darßwald und an die Wegeverbindung Peterskreuz, wo Amtsleiter Gernot Haffner, unterstützt von den zuständigen Fachleuten des Nationalparkamtes, über Vorhaben zur Wegemodernisierung und Besucherlenkung berichtete. Darüber hinaus gab er Einblicke in die Waldinventur und die Wildtierregulierung. Im Anschluss stand die Besichtigung des Nothafens Darßer Ort, des Regenbogencamps Prerow, des Nordstrands sowie der Hohen Düne und der Sundischen Wiese auf dem Programm. Dabei ging es neben dem Ersatzhafenprojekt, der Campingplatzentwicklung und der Kernzonenfischerei auch um die Küstendynamik, die Dünen- und Landschaftsentwicklung sowie barrierearme Beobachtungsplattformen wie am Pramort.
Den Folgetag nutzte das Expertengremium, um im „Borner Hof“ seine Fragen zu den einzelnen Handlungsfeldern und Themen an die Mitarbeitenden des Nationalparkamtes Vorpommern und den Abteilungsleiter für Klimaschutz, Naturschutz und Forsten im Landesumweltministerium, Jörn Mothes, zu adressieren. Dabei ging es unter anderem um den Anteil der Kernzonen und nutzungsfreier Bereiche, sowie um Möglichkeiten ihrer Erweiterung. Damit verbunden war insbesondere die Frage der Nutzung der Gewässerflächen durch Fischerei und Angler in den Kernzonen und welche rechtlichen Hindernisse bei der Umsetzung der Nationalparkziele bestehen.
Vom Moderator nach den wichtigsten Wünschen für den Nationalpark gefragt, erwähnte Abteilungsleiter Jörn Mothes das Rangersystem. „Ich möchte, dass wir hier eine bessere Personalsituation erreichen”, erklärte er. „Das liegt mir sehr am Herzen.” Amtsleiter Gernot Haffner schloss daran an: „Wir brauchen eine entsprechende Anzahl an Mitarbeitenden, um das Schutzgebiet in der Region spürbar voranzubringen”, und ergänzte: „Damit Verwaltung erfolgreich arbeiten kann, muss man sie finanziell hinreichend ausstatten.”
Im weiteren Verlauf des Tages wurde der Austausch in konstruktiver Runde zwischen Komitee und Stakeholdern fortgesetzt und das weitere Verfahren besprochen. Neben der Nationalparkverwaltung befragte das Expertenteam ebenso verschiedene regionale Akteure, wie Kurdirektoren, Bürgermeister, Landwirtschaftsbetriebe, den Förderverein und zwei Fischer, wie sie die Arbeit des Nationalparkamtes einschätzen und wie die Zusammenarbeit abläuft. Auf diesem Wege ergibt sich ein breites Meinungsbild zur aktuellen Situation im Nationalpark, sodass das Expertengremium Stärken und Schwächen bewerten und Möglichkeiten zur weiteren Optimierung der einzelnen Handlungsfelder, wie Organisation, Management oder auch Bildungsarbeit, aufzeigen kann. Tags darauf reiste das Evaluierungskomitee und einzelne Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Nationalparkamtes für weitere zwei Tage in den Jasmund.
Eine Vielzahl ganz verschiedener Eindrücke prägte schließlich den Blick der Experten. Dr. Harald Egidi, Mitglied des Komitees und Leiter des Nationalparks Hunsrück-Hochwald, würdigte zum Beispiel, dass „die Wildnisentwicklung bei gleichzeitiger touristischer Nutzung mit intensivem Naturerleben gut gelungen ist, trotz der vergleichsweise knappen Ressourcen.“ Potenzial zur Nationalparkentwicklung sah er in der Erweiterung der Kernzonen und der nutzungsfreien Bereiche.
Die Bund/Länderarbeitsgemeinschaft Naturschutz, Landschaftspflege und Erholung (LANA) berief das Evaluierungskomitee ein. Es setzt sich zusammen aus Vertreterinnen und Vertretern der Bundesbehörden, der Landesumweltministerien, der Nationalparkleitungen, der Wissenschaft und der Nichtregierungsorganisationen. Pro Nationalpark besteht das Expertengremium aus sieben Komiteemitgliedern, sowie einem Moderator und dem Projektteam vom Dachverband Nationale Naturlandschaften e. V. Die finalen Evaluierungsberichte für alle 16 deutschen Nationalparks werden für Ende 2024 erwartet.
Mit der Koordinierung des Evaluierungsprozesses unterstützt der Dachverband Nationale Naturlandschaften e. V. die Nationalparkverwaltungen bei der Sicherung und Verbesserung des Qualitätsmanagements in ihren Gebieten. Bund und Länder, die Verwaltungen der Nationalparke und Nationale Naturlandschaften e. V. leisten hiermit einen gemeinsamen Beitrag zu einer dauerhaften Qualitätssicherung und stetigen Qualitätsverbesserung der Nationalparke und damit zur Erhaltung und Entwicklung der biologischen Vielfalt in Deutschland.
Das Vorhaben wird vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) gefördert und fachlich unterstützt.