Nothafen Darßer Ort

Ersatzhafen für die Wunde im Nationalpark 

Der Nothafen Darßer Ort schnitt seit Jahrzehnten als größte Wunde in die dynamische Küstenlandschaft des Nationalparks. Ein Blick auf das Luftbild zeigt, dass die Zufahrtsrinne durch die Sandriffe am Darßer Ort immer wieder aufwendig freigebaggert werden musste. Nach jahrelangem Ringen wird dieser gravierende Einschnitt bald Geschichte sein und der neue Inselhafen in Prerow für ausreichende Sicherheit und touristische Attraktivität an der Küste sorgen. Ab dem 15. September 2023 schloß der alte Nothafen und das Hafengelände wird sukzessiv wieder ein Strandsee und ungestörtes Naturrefugium.

Luftbild mit Strandsee und Sandbänken und Bagger in der Zufahrt zum Nothafen Darßer Ort in der Kernzone des Nationalparksothafen Darßer Ort © L. Storm
Baggerung der Zufahrt zum Nothafen Darßer Ort

Mit Schließung des Nothafens begann am 18. September seine Renaturierung

Zur Wiederherstellung des Naturraums wird der Standort und damit die Funktion des Nothafens mit dem Bau des Ersatzhafens dauerhaft aus der Kernzone des Nationalparks verlegt. Die Baggerungen wurden im Laufe der Zeit immer häufiger notwendig, zuletzt teils mehrmals im Jahr, jeweils finanziert durch das Land M-V. Aus der tief eingeschnittenen Wunde in diesem besonders wertvollen jungen Küstenland wird nun wieder ein Strandsee. Der alte Ottosee wird abgeflacht. Ebenso wird die Fahrrinne beseitigt und alle baulichen Anlagen des Nothafens wie Ufereinfassungen, Steganlagen, Böschungssicherungen, technische Anlagen und Hafenausrüstung werden zurückgebaut. Das Abbruchmaterial wird über den Seeweg abtransportiert und einer fachgerechten Entsorgung zugeführt. Zusätzlich erfolgt eine Verringerung der Wassertiefen im Hafenbereich, um dem Zielzustand einer vergleichsweise flachen Lagune bestmöglich zu entsprechen. So wird der Ottosee dann ganz zum Refugium von Fischotter, Eisvogel und Co. und ein besonderer Ort des Naturerlebens.

Anpassung der Besucher-Infrastruktur mit bauzeitlicher Sperrung

Mit den Renaturierungsmaßnahmen geht eine Anpassung der Besucherlenkung einher.

Ab dem 18. September 2023 erfolgte der Rückbau der Plattenstraße vom Abzweig Nothafen bis zum Einstieg Rundwanderweg auf einer Länge von etwa 400 m. Aktuell ist dieser Wegeabschnitt wieder begehbar. Die Zuwegung zum Rundwanderweg aus Richtung Nothafen wird ein naturbelassener Sandweg, der sich dann besser in das Schutzgebiet einfügt. Somit werden die letzten 400 m des bisherigen Radweges zum Wanderweg. Am neuen Beginn des Wanderweges, das dann gleichzeitig das Ende des Radweges markiert, haben die Mitarbeiter des Technischen Dienstes des Nationalparkamtes einen neuen Fahrradparkplatz gebaut.

Mit Beginn einer anschließenden zweiten Bauphase wird der Abzweig zum Nothafen komplett gesperrt. Ein Besuch der Aussichtsplattform im Hafen und der Zugang zum Nordstrand sind in dieser Bauphase nicht möglich. Mit dem Rückbau der alten Hafenanlagen ist aus Sicherheitsgründen auch der Abriss der zum Strand führenden Rampe an der Aussichtsplattform verbunden. Die Mitarbeiter des Technischen Dienstes des Nationalparkamtes werden die Plattform instand setzen und einen neuen Zugang zum Nordstrand anlegen.

Baufortschritt der Renaturierung

Mitte September begann der Rückbau der Plattenstraße, die zum Rundwanderweg führt. Die Platten werden in kleinere Segmente zerlegt und entnommen, bevor sie vom Nothafen seeseitig abtransportiert werden. Gleichzeitig lief der Abbau des Holzsteges im Ottosee an. Die 78 ihn tragenden Kiefernpfähle, die nach der Wende gerammt wurden, werden nun unter Einsatz schweren Geräts entfernt. Sie können weiterverwendet werden, da das Salzwasser wie eine Art Konservierung wirkte.

Desweiteren wurden bis Ende des Jahres 2023 das Leitfeuer und ein Lagergebäude auf der westlichen Seite des Nothafens zurückgebaut. Auch der Abschnitt des Plattenweges zwischen Abzweig Nothafen und Einstieg Rundwanderweg ist nun gänzlich gewichen. Noch im selben Jahr erfolgte der Rückbau der nördlichen Kaimauer, bevor im Januar 2024 mehrere Firmen mit der Demontage der südlichen Hafenmauer fortfuhren. Da die Standsicherheit der hölzernen Zuwegung zum Nordstrand seit dem Rückbau der südlichen Kaimauer nicht mehr gegeben war, baute der Technische Dienst des Nationalparkamtes im Februar einen neuen Zugang. Ende Februar wurden die Buhnen östlich der Fahrrinne unter Einsatz schweren Geräts gezogen. Derzeit (Anfang März) werden Arbeiten im Bereich der alten östlichen Kaimauer durchgeführt und u.a. Platten entfernt.

Die Bildergalerie wird fortlaufend erweitert. (Letztes Update: 01.03.2024)

Bagger und Fräsgerät bei den Rückbauarbeiten des Plattenweges am Nothafen © M. Timm
Zunächst wurde mit dem Rückbau der Plattenstraße, die zum Rundwanderweg führt, begonnen. Dafür wird der Plattenweg in ...
Zunächst wurde mit dem Rückbau der Plattenstraße, die zum Rundwanderweg führt, begonnen. Dafür wird der Plattenweg in kleinere Segmente zerlegt, die so entnommen werden können.
Plattenstraße am Rundwanderweg nach entnommenen Segmenten, unter denen Ostseesand sichtbar wird © M. Timm
Unter der Plattenstraße kommt wieder weißer Ostseesand zum Vorschein.
Unter der Plattenstraße kommt wieder weißer Ostseesand zum Vorschein.
Bagger entfernt Kiefernphahl des Holzsteges am Ottosee © M. Bladt
Die 78 Kiefernpfähle, die den Holzsteg getragen haben, werden einer nach dem anderem gezogen ...
Die 78 Kiefernpfähle, die den Holzsteg getragen haben, werden einer nach dem anderem gezogen ...
Ponton mit gezogenen Holzpfählen des Steges © M. Bladt
... bevor sie seeseitig abtransportiert werden.
... bevor sie seeseitig abtransportiert werden.
Blick über den Ottosee im Nothafen Darßer Ort © M. Timm
Blick über den Ottosee, erstmals ohne Leitfeuer auf der westlichen Seite.
Blick über den Ottosee, erstmals ohne Leitfeuer auf der westlichen Seite.
Berge der alten zerlegten Platten am Nothafen © M. Timm
Die zerlegten Segmente des zurückgebauten Plattenweges zum Rundwanderweg warten auf den seeseitigen Abtransport.
Die zerlegten Segmente des zurückgebauten Plattenweges zum Rundwanderweg warten auf den seeseitigen Abtransport.
Hafeneinfahrt Nothafen ohne nördliche Kaimauer © L. Storm
Noch im alten Jahr wurde die nördliche Kaimauer der Hafeneinfahrt größtenteils zurückgebaut. Der Rückbau der südlichen ...
Noch im alten Jahr wurde die nördliche Kaimauer der Hafeneinfahrt größtenteils zurückgebaut. Der Rückbau der südlichen folgt Anfang des Jahres 2024.
Zum Teil zurückgebaute Kaimauer am Nothafen Darßer Ort © M. Timm
Taucher sind im Einsatz, um unter Wasser Löcher in die Spundwände zu brennen. Am Ende der orangenen Seile befestigen sie ...
Taucher sind im Einsatz, um unter Wasser Löcher in die Spundwände zu brennen. Am Ende der orangenen Seile befestigen sie dicke Ketten, die sie durch die zuvor gebrannten Löcher ziehen.
Arbeiter durchtrennt Verankerung der Kaimauer am Nothafen Darßer Ort © M. Timm
Die Verankerungen der Kaimauer werden durchtrennt, bevor die einzelnen Segmente entnommen werden können.
Die Verankerungen der Kaimauer werden durchtrennt, bevor die einzelnen Segmente entnommen werden können.
Bagger zieht Stück der Kaimauer am Nothafen Darßer Ort © M. Timm
Die Kaimauer wird in drei Meter breite Segmente gesägt, die einzeln mithilfe eines Baggers herausgezogen werden. Zuvor ...
Die Kaimauer wird in drei Meter breite Segmente gesägt, die einzeln mithilfe eines Baggers herausgezogen werden. Zuvor haben Taucher unter Wasser für die Befestigung der Ketten Löcher in die Spundwände gebrannt.
Freigelegte Verankerungen der Kaimauer neben der Plattform © M. Timm
Die Verankerungen der Kaimauer reichen fast bis an die Besucherplattform am Nothafen. Aus Sicherheitsgründen und um die ...
Die Verankerungen der Kaimauer reichen fast bis an die Besucherplattform am Nothafen. Aus Sicherheitsgründen und um die Standfestigkeit zu gewährleisten wird die Zuwegung zum Nordstrand ein Stück weiter südlich verlegt.
Freiliegende Verankerungen der Kaimauer am Nothafen Darßer Ort © M. Timm
Auch die abgetrennten Verankerungen der Kaimauer, die nun gut sichtbar freiliegen, werden in den nächsten Schritten ...
Auch die abgetrennten Verankerungen der Kaimauer, die nun gut sichtbar freiliegen, werden in den nächsten Schritten zurückgebaut.
Betonblöcke der Kaimauer auf dem Ponton am Nothafen Darßer Ort © M. Timm
Die Kaimauer und Spundwand werden getrennt und für den seeseitigen Abtransport und entsprechende Entsorgung vorbereitet.
Die Kaimauer und Spundwand werden getrennt und für den seeseitigen Abtransport und entsprechende Entsorgung vorbereitet.
Blick auf Fahrrinne und neuem Zugang zum Nordstrand am Nothafen Darßer Ort © M. Timm
Blick auf Fahrrinne und neuem Zugang zum Nordstrand am Nothafen Darßer Ort, den der Technische Dienst des ...
Blick auf Fahrrinne und neuem Zugang zum Nordstrand am Nothafen Darßer Ort, den der Technische Dienst des Nationalparkamtes im Februar 2024 baute.
Bagger entfernt Buhnen am Nothafen Darßer Ort © M. Timm
Im Rahmen der Renaturierung werden auch die Buhnen östlich der Fahrrinne beseitigt. Da die Küstendynamik sich an diesem ...
Im Rahmen der Renaturierung werden auch die Buhnen östlich der Fahrrinne beseitigt. Da die Küstendynamik sich an diesem Ort wieder frei entfalten und Sand ungehindert anlanden soll, haben diese keine Funktion mehr.
Bagger entfernt Platten am Nothafen Darßer Ort © M. Timm
Im Bereich der alten östlichen Kaimauer werden Platten entfernt.
Im Bereich der alten östlichen Kaimauer werden Platten entfernt.

Ein neues Kapitel begann 2014

Seit der Gründung des Nationalparks gab es Ideen für einen Alternativhafen. Der WWF Deutschland, Betreiber des Hafens, erarbeitete verschiedene Konzepte. Um den naturschutzfachlichen Anforderungen in der Kernzone des Nationalparks gerecht zu werden, initiierte das Land MV unter Federführung des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt unter Minister Dr. Till Backhaus ein Projekt zum Bau eines Ersatzhafens. Ziel war es, die Sicherheit auf See im Havariefall und den Standort für die Seenotrettung sowie Liegeplätze für die ortansässigen Fischer zu gewährleisten. Einhergehen sollte dies mit einer angepassten Anzahl an Gast-Liegeplätzen und zugleich minimalen Eingriffen in die Natur und Küstenprozesse. Die Realisierbarkeit als Inselhafen wurde 2014 in einer Variantenstudie untersucht und nachgewiesen. Auf Grundlage dieser Studie, der Beschlüsse der Landesregierung und einem intensiven Abstimmungsprozess mit der Gemeinde Prerow wurden 2016 die technischen Planungen für den Inselhafen Prerow begonnen.

Planung und Bau des Ersatzhafens

Die Zulassung des Vorhabens zur Erlangung der baurechtlichen Voraussetzungen erfolgte in einem Planfeststellungsverfahren im Jahr 2020, dessen Beschluss im folgenden Frühjahr erlassen wurde. Somit lagen ab 2021 die wesentlichen genehmigungsrechtlichen Voraussetzungen für die Errichtung eines Ersatzhafens und den Rückbau des Nothafens Darßer Ort vor.

Auch nach Baubeginn des Ersatzhafens im Jahr 2022 lief der Betrieb des Nothafens Darßer Ort weiter. Durch wiederholte Baggerungen der Zufahrtsrinne blieb der Seenotkreuzer einsatzbereit. Zudem waren die Nutzung als Notliegeplatz und Hafenstandort für ortsansässige Fischer gesichert und Liegemöglichkeiten für den am Bau beteiligten Schiffsverkehr gegeben.

Die Finanzierung des Vorhabens, dessen Kosten sich auf 42 Millionen Euro belaufen, erfolgt durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE).

Historisches Luftbild des Nothafens Darßer Ort © H. Sporns
Historische Luftaufnahme des alten Spülfeldes am Nothafen Darßer Ort aus dem Jahr 1990

Die Geschichte des Nothafens Darßer Ort
 

Der heutige Nothafen wurde Anfang der 1960er Jahre gegen geltendes Naturschutzrecht in die bis dahin unberührte Anlandungsküste gebaut. Er wurde als Küstenhafen für Torpedo-Schnellboote der DDR-Volksmarine genutzt. Der Ottosee, ein flacher Strandsee, wurde für das Hafenbecken massiv ausgebaggert und über eine spundwandbewährte Fahrrinne an die Ostsee angeschlossen.


Durch die natürlichen Anlandungsprozesse versandete die Hafeneinfahrt immer wieder, so dass diese regelmäßig freigebaggert werden musste. Nach der Wende beschloss der Rat des Kreises Ribnitz-Damgarten, dass die Nutzung des ehemaligen Militärhafens ab 1991 ganz eingestellt werden soll. Durch die „Hafennutzungsverordnung des Nothafens Darßer Ort vom 31. März 1994“ wurde der Nothafenstatus jedoch erneuert. Der Hafen wurde nicht stillgelegt und zurückgebaut, sondern immer wieder als Liegeplatz für den Seenotkreuzer der DGzRS und weitere Notliegeplätze ausgebaggert. Aufgrund dieser Verordnung steht er für in Not geratene Segler und Motorboote offen.