Die Wälder im Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft

Werden und Vergehen auf engstem Raum

Etwa die Hälfte der Landfläche des Nationalparks ist mit Wäldern bedeckt. Die Bandbreite der Waldtypen ist vielfältig. Seit 2013 darf sich der Nationalparkwald komplett allein verjüngen. Kein Baum wird seitdem mehr gepflanzt. Seit 2017 werden auch keine Bäume mehr aus dem Nationalpark genutzt. Sie dürfen, wenn sie altersschwach oder von Sturm und Hochwasser geschwächt sind, von allein vergehen. Walddynamik ist überall im Nationalpark gegenwärtig.

Der Buchenwald am Alten Meeresufer mitten im Darßwald. © Olaf Meinhardt
Der Buchenwald am Alten Meeresufer mitten im Darßwald.
Der Buchenwald am Alten Meeresufer mitten im Darßwald.
Der Darßwald aus der Luft. Gut sichtbar ist der Wechsel aus Erlenbrüchen und Mischwald.. © Lutz Storm
Der Darßwald aus der Luft. Gut sichtbar ist der Wechsel aus Erlenbrüchen und Mischwald..
Der Darßwald aus der Luft. Gut sichtbar ist der Wechsel aus Erlenbrüchen und Mischwald..
Die Krause Glucke ist ein Pilz, der vor allem Nadelholz zersetzt. © Katrin Bärwald
Die Krause Glucke ist ein Pilz, der vor allem Nadelholz zersetzt.
Die Krause Glucke ist ein Pilz, der vor allem Nadelholz zersetzt.

Waldvielfalt auf engstem Raum

Die Wälder des Nationalparks Vorpommersche Boddenlandschaft sind ganz besonders. Es wechseln sich nicht nur die verschiedenen Waldgemeinschaften auf engstem Raum ab. Innerhalb der einzelnen Waldbereiche finden wir zudem eine große Dynamik. Sehr alte Buchen zum Beispiel sterben auf natürliche Weise ab und machen Platz für junge Bäume. Stürme und Hochwasser haben auf größeren Flächen Bäume absterben lassen und den Weg für Naturverjüngung freigemacht.

Das größte zusammenhängende Waldgebiet des Nationalparks ist der Darßwald mit nahezu 5.000 ha Fläche. Ihm folgt der Osterwald auf dem Zingst. Kleinere geschlossene Waldgebiete finden sich auf dem Ostzingst, der Insel Bock, der Halbinsel Bug und auf dem Dornbusch.

Natürliche Waldentwicklung

Die erste Baumart, die die Dünen besiedelt, ist die Kiefer. Sie kommt gut mit den nährstoffarmen sandigen Böden klar. Es bildet sich nach und nach der natürliche Dünen-Kiefern-Wald. Durch das standörtlich sehr wechselhafte Mosaik stehen die Kiefern teils in Gruppen zusammen, teils wachsen sie mit ausladender Krone in großem Abstand zueinander auf. In den sehr lichten Wäldern entwickelt sich eine außergewöhnlich artenreiche Krautschicht. Sie ist niedrigwüchsig, trittempfindlich und beherbergt einen sehr hohen Anteil an bedrohten Arten.

Mit zunehmender Bodenentwicklung und Nährstoffanreicherung wird der Unterwuchs in den Kiefernwäldern dichter, bis dieser schließlich keine natürliche Kiefernverjüngung mehr zulässt. Nun siedeln sich vor allem Eberesche und Eiche an. Sie leiten die Entwicklung zu laubbaumbestimmten Wäldern ein, bevor die Rotbuche im Wald die Vorherrschaft übernimmt.

Erlenbruch mit reichlich Wasser. © Annett Storm
Erlenbruch mit reichlich Wasser.

Moor- und Bruchwälder

Moor- und Bruchwälder sind Waldgebiete mit hoch anstehendem Grundwasser. Moorwälder kommen im Nationalpark nur in kleinflächiger Form vor. Auf dem Neudarß finden wir einzelne Moorkiefernwälder und Birkenbruchwälder.

Bruchwälder (Bruch = nasser Wald) sind dagegen großflächiger vertreten. Der Wasserfeder-Erlenbruchwald ist die nasseste Waldgesellschaft im Nationalpark. Er wächst vornehmlich in nassen Senken (Riegen) zwischen den Strandwällen. Umgestürzte Bäume zählen zum typischen Waldbild in diesen Wäldern, da die Erlen nur schwach in den Böden aus Torfmudde verankert sind. Neben den natürlichen Erlenbruchwäldern gibt es im Nationalpark auch unterschiedlich stark entwässerte Erlenbruchwälder, die in früheren Zeiten an Entwässerungsgräben angeschlossen waren. Im Zuge der Nationalparkgründung wurde damit begonnen, die Gräben zu schliessen, so dass sich seitdem auf einigen Flächen bereits wieder natürlicher Erlenbruchwald entwickeln kann.

Wälder voller Leben

Unter den Pflanzen ist vor allem die hohe Anzahl der Moose bemerkenswert. Grund dafür ist das luftfeuchte Klima, die relativ gute Luftqualität und das Vorkommen von Altbäumen in den Wäldern des Nationalparks. Viele der Moose wachsen an der Borke von alten Buchen. Den Moosen optisch manachmal ähnlich sind die Flechten. Der aufmerksame Besucher wird viele verschiedene Arten entdecken. Auch die Pilzflora ist ausgesprochen artenreich. Ein hoher Anteil dieser besonderen Lebewesen wächst auf Holz.

Die Altbäume sind auch wichtig für eine Reihe von Brutvögeln. Der Schwarzspecht (Dryocopus martius) beispielsweise baut seine Höhlen nur in älteren, dicken Bäumen. Die verlassenen Höhlen dieses im Nationalpark häufigen Spechtes werden z. B. von Hohltauben (Columba oenas) besiedelt. Im Kronenbereich von Altbäumen bauen Greifvögel, wie der Seeadler (Halieetus albicilla), ihre Horste.

Wildschweine (Sus scrofa) helfen aktiv bei der Waldverjüngung. Wo sie den Boden umgraben, haben die Samen von Bäumen,  die durch den Wind verbreitet werden, die Chance zu keimen. Zudem kommen Rehe (Capreolus capreolus) und Rothirsche (Cervus elaphus) häufig im Nationalparkwald vor. Auf dem Zingst ist auch Damwild (Dama dama) anzutreffen.

Durch die unterschiedlichen und abwechslungsreichen Waldbereiche ist der Insektenreichtum der Nationalparkwälder groß. In den Dünen-Kiefernwäldern des Darßwaldes kommt der gefährdete Kiefernwipfel-Tiefaugenbock (Cortodera femorata) vor. Hochspezialisierte Arten leben in den Erlenbruchwäldern, wie der seltene Erlen-Blattspanner (Hydrelia sylvata), der in allen angrenzenden Bundesländern bereits verschwunden ist. Viele verschiedene Bock- und Stachelkäfer, Schwebfliegen, Nachtfalter und Totholzbewohner sind in den Nationalparkwäldern zu Hause.

Gefahrlos durch den Wald spazieren

Wenn sich ein Wald natürlich entwickeln darf, dann gibt es in ihm mehr Bäume, die im Absterben begriffen oder schon tot sind. Äste können herunterfallen oder ganze Kronen herausbrechen. Für Nationalparkbesucher zählt das zu den natürlichen Gefahren. Dennoch versuchen die Mitarbeiter des Nationalparkamtes den Bereich der offiziellen Wanderwege so sicher wie möglich zu machen. Mit spezieller Technik werden tote Bäume umgezogen. Entweder brechen die Bäume dann in drei oder vier Meter Höhe ab oder sie kippen mitsamt dem Wurzelteller um. In seltenen Fällen kann es notwendig sein, dass ein Baum umgesägt wird.

Weitere Informationen zum Waldmanagement finden Sie hier.