Die Pflanzenwelt der Salzwiesen

Dort wo Wiesen an den Boddenufern regelmäßig von salzhaltigem Brackwasser überströmt werden und Rinder das Gras kurzhielten, bildeten sich seit dem Mittelalter Küstenüberflutungsmoore und eine Salzgrasvegetation. Allerdings nur, weil diese Bereiche über Jahrhunderte hin beweidet wurden. Auf den meisten dieser Flächen würde sonst Röhricht wachsen.

Der Europäische Queller in einer Salzwiese © M. Miksch
Im Laufe einer Vegetationsperiode verfärben sich die fleischigen Blätter des Europäischen Quellers (Salicornia europaea) bräunlich bis rot und zeigen einen hohen Salzgehalt in der Pflanze an.

Die wichtigste Pflanzenart auf diesen Weiden ist die Bodden-Binse (Juncus gerardii). Ihr Wurzelwerk bildet durch den Viehtritt einen festen Torf, also Moorboden. Neben der Boddenbinse wachsen dort viele spezialisierte Pflanzenarten, die besonders gut mit dem Salz im Wasser klarkommen, wie Queller, Strand-Dreizack und Salz-Aster.
 

Der Europäische Queller (Salicornia europaea) besiedelt als Pionierpflanze die Verlandungszone der Salzwiesen, die regelmäßig überflutet werden. Die stammsukkulente Pflanze speichert das Salz aus der Umgebung, welches ihre Saugkraft erhöht, wodurch sie Wasser aus dem salzigen Schlick aufnehmen kann. Da sich auf diese Weise während des Sommers immer mehr Salz in der Pflanze anreichert, muss die salztolerante Pflanze ihren Wasserhaushalt stetig erhöhen, um das aufgenommene Salz zu verdünnen. Dies sorgt für das Aufquellen ihrer fleischigen Blätter. Im Laufe der Vegetationsperiode verfärben sich ihre Blätter bräunlich bis rot, was eine sehr hohe Salzkonzentration anzeigt und schließlich zum Absterben der einjährigen Pflanze führt. Außer auf der Vogelschutzinsel Kirr kommen die Queller auf größerer Fläche auch auf der Bessinschen Schaar auf Hiddensee (Kernzone) vor. Dort kann man die rötliche Verfärbung aus der Ferne leuchten sehen.

Violettblühende Strandaster in der Salzwiese © M. Miksch
Strand-Aster (Aster tripolium)

Auf unbeweideten Salzwiesen tritt die violettblühende Strand-Aster (Aster tripolium) gehäuft auf. Sie wird unter anderem gern von Rindern gefressen, weshalb sie auf Weiden selten zur Blüte kommt. Nicht nur bei Tieren gilt sie als schmackhaft, sondern stellt auch an den Küsten der Niederlande und Frankreichs eine Delikatesse dar. Das Salz, welches sie aus dem Wasser aufnimmt, speichert sie in ihren ältesten Blättern, die sie nach und nach abwirft. Über ihre sukkulentenartigen, dickfleischigen Blätter verliert sie wenig Wasser. Die insektenfreundliche Pflanze ist Pollenlieferant für zahlreiche Wildbienenarten und kommt in großen Beständen im Nationalpark vor allem bei Waase auf Ummanz vor.

Großes Vorkommen von Strandwegerich © M. Miksch
Strand-Wegerich (Plantago maritima)

Auch der Strand-Wegerich (Plantago maritima) entledigt sich seiner Blätter, wenn die Salzkonzentration in ihnen zu hoch wird. Diese ausdauernde, krautige Pflanze wächst im Übergang von der mittleren zur oberen Salzwiese auf dem Darß, Hiddensee und Westrügen. Dieser Bereich der Salzwiese wird seltener überspült und weist somit einen niedrigeren Salzgehalt auf. Die Pflanze mit ihren unauffälligen Ähren wird von vielen Insekten, darunter mehrere Käferarten, besiedelt.

Rosablühendes Kleines Tausendgüldenkraut © M. Miksch
Kleines Tausendgüldenkraut (Centaurium pulchellum)

In den Salzwiesen des Nationalparks wachsen mit dem Kleinen Tausendgüldenkraut und der Strand-Segge auch zwei Arten, die sich auf der Vorwarnstufe der Roten Liste befinden. Das Kleine Tausendgüldenkraut (Centaurium pulchellum) ist die kleinste Art der drei Tausendgüldenkräuter, die in Salzwiesen vorkommt. Das einjährige, zwergwüchsige Enziangewächs mit seinen rosa Blüten ist an sandige Böden mit nicht allzu hohem Salzgehalt angepasst.

Strandsegge © M. Miksch
Strand-Segge (Carex extensa)

Auf feuchten, zeitweise überfluteten, sandigen Böden gedeiht die Strand-Segge (Carex extensa). Sie wächst in kleinen, festen Sprossbüscheln (Horsten), die mitunter dichte Rasen bilden. An den langen Stielen des Sauergrasgewächses bilden sich von Mai bis Juni Blüten, die in Ähren angeordnet sind. Die Rote Liste führt sie auf der Vorwarnstufe. Ihre Bedrohung rührt von ausbleibender Überflutung in Folge von Küstenschutzmaßnahmen.