Die Pflanzenwelt des Steilufers
Zu den typischen Arten der zu den Steilküsten gehörenden Sandkliffs zählt das Doldige Habichtskraut (Hieracium umbellatum). Auf offenen Pionierstandorten auf dem Darß und Hiddensee sowie auf sandigen Böden in warmen Lagen wächst der tief wurzelnde Sand- und Ausmagerungszeiger mit seinen von Juli bis Oktober gelbblühenden Korbblüten.
Ebenfalls charakteristisch für Sandkliffs – jedoch vorwiegend auf denen auf dem Bug zu finden – ist die laut Roter Liste als „gefährdet“ geführte, frühblühende Filzige Pestwurz (Petasites spurius). Ihr Name rührt von den an der Unterseite schneeweißfilzig behaarten, herzförmigen Blättern.
Ein anderer Frühblüher, dessen Blätter denen der Filzigen Pestwurz ähneln, ist der Huflattich (Tussilago farfara). Im Gegensatz zum Pestwurz weisen die Blätter des Huflattichs jedoch oft schwarze und spitze Zähne an den Blatträndern auf. Die leuchtend gelben Korbblüten erscheinen im Frühjahr noch vor den Blättern. Diese robuste und anspruchslose Pionierpflanze verbreitet sich nicht nur über flugfähige Samen, sondern auch vegetativ über bis zu zwei Meter lange unterirdische Rhizome (Wurzelstöcke). Seine Wurzeln reichen dabei bis in 80 Zentimeter Tiefe. Der Huflattich kommt im Nationalpark, wie der Feld-Beifuß und das Maiglöckchen, an Sandkliffs vor, die an den Stränden entstehen. Genau wie der Huflattich bildet der ausdauernde Feld-Beifuß (Artemisia campestris) ein unterirdisches Rhizom aus. Dieser immergrüne Korbblütler bevorzugt einen sonnigen Standort mit durchlässigen, trockenen und nährstoffarmen Boden. Dank seiner bis zu 1,5 Meter tief reichenden Wurzeln ist die Pflanze bestens an Trockenheit angepasst und kommt daher auch auf Trockenrasen und Dünen des Darßes, Hiddensees und Westrügens vor.
Schon gewusst? Der lateinische Name „tussilago“ verrät die Wirkung des Huflattichs als Heilpflanze. „Tussis“ bedeutet ‘Husten‘ und „ago“ ‘ich vertreibe‘. Schon vor 2500 Jahren war man sich der schleimlösenden und hustenstillenden Wirkung dieser Pflanze bewusst.
Ein weit verbreiteter Vertreter, der auch auf Sandkliffs gedeiht, ist das Maiglöckchen (Convallaria majalis). Vielerorts der erste Frühlingsbote, macht der durchdringende Duft der Blüten bereits aus der Ferne auf das Spargelgewächs aufmerksam. Die giftige Pflanze, die nach dem Verzehr Übelkeit, Erbrechen und Herzrhythmusstörungen hervorruft, verfügt über ein ausgeprägtes fleischiges Rhizom, das als Nahrungsspeicher und Überwinterungsorgan dient. Aus ihm entspringen nur zwei bis drei Laubblätter und später pro Pflanze ein traubiger Blütenstand mit bis zu zehn nickenden, breitglockigen weißen Blüten.