Ranger*innen auf der Schulbank
Die Hüter der Nationalparks kennen ihre Gebiete wie ihre Westentasche, dazu viele Tricks und Launen der Natur.
Ob das Treiben des Großen Waldgärtners in den Wipfeln, in die Breite wachsende Kiefern in den Dünen oder Interessantes zur Alge-Pilz-Symbiose der Rentierflechte – sie sind nicht selten wandelnde Lexika.
Zur Rückschau auf die vergangene Saison und um ihr Wissen zu erweitern und ihre Führungen mit neuen interessanten Fakten und Methoden zu bereichern, kamen fast 30 Ranger*innen der Nationalparke Jasmund und Vorpommersche Boddenlandschaft zusammen. Sie lauschten spannenden Vorträgen und Berichten von Expert*innen.
Eingangs begrüßte Amtsleiter Gernot Haffner die Teilnehmenden in der Jugendherberge Ibenhorst, bevor er auf die zurückliegende Saison 2023 mit all ihren Herausforderungen zurückblickte und Ausblicke für die kommende gab. "Das kommende Jahr stellt uns vor schwierige Aufgaben sowohl im Gebiet als auch in der Verwaltung”, sagte er. Gleichzeitig lobte er den Einsatz der Ranger*innen des Nationalparkamtes Vorpommern: “Diese Arbeit lohnt sich für unsere Schutzgebiete."
Sind sie es doch, die draußen im Gebiet für den Schutz der Natur unterwegs sind, praktische Monitoringaufgaben zu Forschungszwecken übernehmen, zahlreiche Fragen der Gäste im Gebiet beantworten und Regelverstöße feststellen. Bis Ende Oktober des laufenden Jahres wurden bereits 382 Ordnungswidrigkeiten verzeichnet und teilweise mit Bußgeldbescheiden geahndet, berichtete Annette Beil, Dezernentin für Gebietsbetreuung. Diese Zahl ist aktuell höher als in den Vorjahren, was mit einer überdurchschnittlichen Zahl an Übernachtungsgästen einhergeht.
Im Anschluss stellte Stephanie Puffpaff, verantwortlich für Forschung und Monitoring in beiden Nationalparks, laufende und neue Projekte vor. Dazu gehören neben vielen weiteren Brut- und Rastvögelerfassung, Aasökologie-, Spülsaum- und Wildtiermonitoring. Für letzteres wurden kürzlich mehrere Fotofallen in den Wäldern des Nationalparks angebracht. Eine spannende Erkenntnis der Aasforschung ist, dass Robbenkadaver immer von großen Greifvögeln wie Seeadlern geöffnet und auch größtenteils von ihnen verspeist werden. In ihrem Vortrag ging sie außerdem darauf ein, an welchen Merkmalen sich ein Goldschakal von Fuchs oder Wolf unterscheiden lässt. Aber nicht nur Vögel und Säugetiere werden durch Monitoring-Projekte im Nationalpark erforscht, sondern ebenso Insekten und Spinnen.
An das Spinnenmonitoring knüpfte sogleich Udo Steinhäuser vom Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie (LUNG) in seinem Vortrag an. Auf humorvolle Art und mit allerhand Spinnenwitzen und interessanten Fakten gespickt, entführte er die Anwesenden in die faszinierende Welt der Spinnen. Das Publikum lauschte gebannt und lernte so einiges dazu. In diesem Jahr wurden mehr als 3000 Spinnen in 207 Arten in der Vorpommerschen Boddenlandschaft gesammelt. Am Darßer Ort wurde die letztmalig im Müritzgebiet gesichtete Eilige Scheintarantel (Alopecosa cursor) wiedergefunden. Sie galt in Mecklenburg-Vorpommern seit 1978 als verschollen. Mit dem aktuellen Nachweis hat sich dies nun geändert.
Passend zum Jahresthema Moore ging es anschließend mit Moorexpertin Marie Bohnenstengel vom Schulungs- und Informationszentrum “Wald und Moor” aus Ribnitz-Damgarten ins Freie. Am Beispiel eines nahen Erlenbruches veranschaulichte sie die Zusammensetzung des Torfes anhand einer Bohrprobe und lud die Gruppe zum Verkosten des Torfes ein. “Übers Probieren kann man viel herausfinden” erklärte sie den einfachen pH-Test von Mooren. “Das schmeckt ja tatsächlich sauer”, kam prompt die Bestätigung einer Rangerin. Beim “Moor ist ...”-Spiel wurde sogleich angeregt diskutiert. Genau dieser Austausch und solche interaktiven Beispiele regen an und geben Impulse für künftige Führungen mit auf den Weg.
Nach diesen unterschiedlichen Programmpunkten folgte ein reger Austausch unter den Teilnehmenden, bevor am Nachmittag Masterstudentin und neue Mitarbeitende in der Umweltbildung des Nationalparkamtes, Josephine Scheeler, ihre Masterarbeit vorstellte. Diese schreibt sie praxisnah zum Thema Qualitätssicherung von Bildungsangeboten in Großschutzgebieten. Ziel ist es, die Qualität von Führungen im Nationalpark auch künftig zu sichern.
Den Abschluss des Fortbildungstages gestaltete der Vortrag “Wolfsmonitoring in MV” von Dr. Norman Stier, Mitarbeiter der AG Wildtierforschung an der Professur für Forstzoologie der TU Dresden. Er ging auf Verbreitungsgebiete, Bewegungsmuster und Konfliktfelder zwischen Wolf und Mensch ein. So erfuhr das Publikum unter anderem, dass Wölfe immer geradeaus laufen, wenn sie sich von ihrem Rudel trennen und wie sich am Geruch die Wolfslosung von der eines Hundes unterscheiden lässt.
Dieser Tag gab allen Beteiligten allerhand neue Einblicke und Fakten aus der aktuellen Forschung mit auf den Weg. So rauchten am Ende dieses langen Tages vielen die Köpfe, ob all des neugewonnenen Wissens und der vielen Eindrücke, die die Ranger*innen demnächst auf ihren Führungen weitergeben werden. Wer Lust hat an einer Ranger-Führung teilzunehmen, findet aktuelle Wanderungen hier.