Die Geschichte des Nationalparks

Ein weiter Weg

Am 12. September 1990 wurden weite Flächen der Vorpommerschen Boddenlandschaft im Rahmen des ostdeutschen Nationalparkprogramms per Verordnung unter Schutz gestellt – das Großschutzgebiet Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft war geboren. Bis zu diesem bedeutenden Tag in der Naturschutzgeschichte des Nationalparks war es jedoch ein weiter Weg.

Feriensiedlung am Darßer Ort, Bungalows in Dünenlandschaft © W. Wilke
Feriensiedlung am Darßer Ort
Feriensiedlung am Darßer Ort
Ehemaliger Schießplatz Ostzingst, Wiese mit Bauten, heute Nationalpark © W. Wilke
Ehemaliger Schießplatz auf dem Ostzingst
Ehemaliger Schießplatz auf dem Ostzingst
Ehemaliges Armee, Dornbusch auf der Insel Hiddensee, Wiesenlandschaft am Meer mit Bunkern © B. Blase
Ehemaliges Armeegelände, Dornbusch auf der Insel Hiddensee
Ehemaliges Armeegelände, Dornbusch auf der Insel Hiddensee

Naturschutzgeschichte bis zur Nationalparkgründung

 

Anfang des 20. Jahrhunderts

Vogelfreistätten entstehen als erste Schutzgebiete an der deutschen Ostseeküste. Die Werder-Inseln und die Fährinsel werden von ornithologischen Vereinen betreut, um Eierraub und Jagd zu verhindern.

Ab 1929

Durch die preußische Regierung werden bis 1937 Gebiete auf Hiddensee, die Insel Gänsewerder, die Werder-Inseln und der Bock unter Naturschutz gestellt.

1931

Der schwedische Ornithologe und Schriftsteller B. Berg fordert die deutsche Öffentlichkeit auf: „Schafft einen deutschen Urwild-Park“. Elche und Wisente werden angesiedelt, erweisen sich aber durch Wald- und Flurschäden als „Problemtiere“.

1933

Nach der nationalsozialistischen Machtergreifung wird durch den Oberbefehlshaber der deutschen Luftwaffe und Reichsjägermeister Hermann Göring ein „Reichsnaturschutzgebiet“ geschaffen. Es umfasst den Darß, den Zingst und die Sundische Wiese. Göring hat ein Jagdhaus am Weststrand und lässt vier Jahre später in der Sundischen Wiese einen Flak-Schießplatz, einen Behelfsflugplatz und ein Bombenabwurfgebiet bauen.

1953

Eine kollektive, durchorganisierte Jagdgesellschaft bildet sich, deren Jagdgebiet von Zingst bis nach Ahrenshoop reicht. Der NVA (Nationale Volksarmee) stehen extra Jagdflächen zur Verfügung.

1955

Im Kulturbund Zingst setzt sich eine Initiative unter dem Maler H. Kluge für die Errichtung eines „Deutschen Nationalparkes Ostseeküste“ ein. Sie findet jedoch keine Anerkennung und keine Resonanz in der DDR.

24. Juni 1957

Per Anordnung des Ministers für Land- und Forstwirtschaft der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) wird u. a. der Westdarß unter Naturschutz gestellt. Zehn Jahre später folgen sieben weitere Gebiete, darunter die Insel Kirr, die Dünenheide auf Hiddensee und die Insel Liebitz.

1960er Jahre

Militärische Sperrgebiete entstehen an der sogenannten „Staatsgrenze Nord“, z. B. am Darßer Ort, inklusive Leuchtturm. Wege aus Betonplatten und Holzbohlen werden durch Wald und Dünen gebaut. Klammheimlich wird das Gebiet mit Erholungsbungalows für NVA-Offiziere ausgestattet. Ein Flak-Raketen-Regiment beansprucht das Gebiet von Zingst bis nach Hiddensee.

1961

Gegen geltendes Naturschutzrecht wird ein Küstenhafen am Darßer Ort für Torpedo-Schnellboote der „Volksmarine“ gebaut.

Ab 1964

Das Volkseigene Gut (VEG) Zingst wird gegründet. Um Höchsterträge für die Rinderhaltung zu erzielen, werden Moore und andere ertragsarme Standorte entwässert, bis zu einem Meter tief umgegraben und durch Düngungen aufgewertet. Errichtete Schöpfwerke und Deiche regulieren den Wasserstand. Für die Grünfutterproduktion wird intensiv gedüngt, alle 3 - 5 Jahre umgebrochen und neu angesät. In der gesamten Region weiden bis zu 10.000 Jungrinder auf den Flächen des Gutes. Ein großes Grünfuttertrockenwerk wird gebaut. Natur und Umwelt sind sehr hohen Belastungen ausgesetzt.

1971

Der Darß wird Staatsjagdgebiet und in diesem Zusammenhang ein Teil des Darßwaldes gesperrt. Das Gebiet des Zingstes ereilt 10 Jahre später dasselbe Schicksal.

1976

Weite Teile der Region Fischland-Darß-Zingst werden als Landschaftsschutzgebiete ausgewiesen.

1978

Die DDR tritt der „Konvention über Feuchtgebiete, insbesondere als Lebensraum für Wasser- und Watvögel“ (Ramsar-Konvention) bei. Das „International bedeutsame Feuchtgebiet Boddengewässer Ostufer des Zingst, Westküste Rügen-Hiddensee“ wird festgelegt.

1989

Nach Öffnung der deutschen Grenze werden die Staatsjagdgebiete auf Darß und Zingst aufgelöst. Bürgerinitiativen setzen sich für die Schaffung von Nationalparken ein.

Januar 1990

Professor Dr. M. Succow setzt sich als Stellvertreter des Ministers für Umweltschutz und Wasserwirtschaft in der letzten DDR-Regierung für die Schaffung von Nationalparken in der DDR ein.

Februar 1990

Die Initiativgruppe „Nationalpark Küstenlandschaft“ beim Rat des Kreises Ribnitz-Damgarten entsteht. Ihr Ziel: einen Nationalpark in der Boddenlandschaft auszuweisen, der später ihren Namen trägt.

30. Juni 1990

Der Förderverein Nationalpark Boddenlandschaft e. V. wird gegründet.

12. September 1990

Durch die „Verordnung über die Festsetzung des Nationalparkes Vorpommersche Boddenlandschaft“ des Ministerrates der DDR erfolgt die Sicherung weiter Teile der vorpommerschen Boddenlandschaft. Wie es heißt, war es der letzte Beschluss einer DDR- Regierung. Die Verordnung tritt am 1. Oktober 1990 in Kraft, zwei Tage vor der Wiedervereinigung Deutschlands, am 3. Oktober 1990.