Die Kraniche im Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft
Steckbrief Kranich
Ordnung: | Gruiformes (Kranichvögel) |
Familie: | Gruidae (Kraniche) |
Gattung: | Grus |
Gewicht: | 5 - 7 kg |
Länge: | 110 - 130 cm |
Nahrung: | Insekten, Würmer, Schnecken, Frösche, Reptilien und Kleinsäuger, aber auch Mais- und Getreidekörner, Erbsen, Bohnen, Erdnüsse, Eicheln, Kartoffeln u. a. Pflanzenteile |
Verbreitung: | Skandinavien, Asien bis Ostsibirien, Baltikum, Polen, Tschechien, Deutschland, eigenständige Populationen in der Türkei und in Tibet |
Überwinterung: | Mittelmeerraum, Afrika bis zum Sudan |
Gefährdung: | Rote Liste Deutschland (2007); Rote Liste MV (2003): ungefährdet, Anhang I EU-Vogelschutzrichtlinie |
Große Familie mit weltweiter Verwandschaft
Die Familie der Kraniche ist mit 15 Arten auf der Erde weit verbreitet. Nur in Südamerika und in der Antarktis kommen sie nicht vor. Noch vor nicht allzu langer Zeit waren die großen grauen Vögel in fast ganz Europa anzutreffen. Durch die Kultivierung ausgedehnter Sumpfwälder und Moore verschwanden jedoch die meisten Nistplätze. Nach einem absoluten Tief mit weniger als 600 Brutpaaren in den Sechzigerjahren hat sich der deutsche Kranichbestand heute wieder gut erholt.
Seit 1970 hat sich die Anzahl der Vögel auf Grund gut geschützter Schlafstellen und verstärktem Getreide- und Maisanbau ständig erhöht. Mittlerweile leben in Deutschland wieder einige tausend Brutpaare. Der Kranich konnte somit von der Roten Liste gestrichen werden. Deutschland ist Brutheimat von fast 12.000 Paaren, von denen etwa 5.000 in Mecklenburg-Vorpommern sowie 3.300 Paare in Brandenburg und rund 1.500 Paare in Niedersachsen brüten (Quelle Journal AG Kranichschutz Deutschland 2020/21). Mecklenburg-Vorpommern kommt daher eine besondere Verantwortung für den Erhalt dieser Art zu.
Nasse Füße auch beim Brüten
Ab Mitte Februar kehren die einheimischen Kraniche aus den Winterquartieren an ihre Brutplätze zurück. Bis zum Brutbeginn halten sich die Paare auf den Nahrungsflächen nahe dem Brutrevier auf. In den frühen Morgenstunden lassen sich dann oft die phantastischen „Tänze“ der grauen Vögel beobachten. In der Regel bleibt das Kranichpaar bis zum Tod des Partners zusammen.
Kraniche errichten ihr Nest zum Schutz vor Wildschweinen, Füchsen und streunenden Hunden in wasserreichen Bruchwäldern, Mooren oder in den Uferzonen verlandender Seen. Das Nest besteht aus kleinen Ästen, Schilf, Rohrkolben, Gräsern oder anderem Pflanzenmaterial. Das Weibchen legt im April oder Mai 2 bräunliche oder graugrüne, mit schwarzen Punkten übersäte Eier. Beim Brüten wechseln sich die Partner ab. Nach gut 28 bis 31 Tagen schlüpfen die Kranichküken. Sie werden dann noch ungefähr 10 Wochen von den Alttieren betreut. Als Nestflüchter sind sie schon am ersten Tag rund um das Nest auf Erkundungstour und lernen, was alles schmackhaft ist. Die jungen Kraniche wachsen sehr langsam und gründen erst nach 5 - 6 Jahren eine eigene Familie.
Lautstarke Trompeter
Das Trompeten eines Kranichs ist sehr eindrucksvoll. Tausende Kraniche zu hören, ist unvergesslich!
Die Reise der Vögel findet auf schmalen, penibel eingehaltenen Zugwegen statt. Eine dieser Routen führt durch den Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft.
Im Frühherbst schließen sich die Vögel dabei zu größeren Gruppen zusammen, bevor sie in die Winterquartiere in Frankreich, Spanien und Nordafrika starten. Für die Kraniche aus Skandinavien und Osteuropa ist Deutschland ein Durchzugsland, in dem sie sich gemeinsam an großen Sammelplätzen einfinden und sich durch die energiereiche Nahrung ein Fettdepot für den weiten Flug nach Süden zulegen. Abgeerntete Mais- und Getreidefelder bieten dabei optimale Bedingungen.
Entspanntes Rasten
Die Rügen-Bock-Region ist einer der bedeutendsten Kranichrastplätze in Europa. Etwa ein Drittel der gesamten Population des westeuropäischen Zugweges rastet in dem Gebiet – im Herbst sind es bis zu 80.000 Kraniche aus Skandinavien, dem Baltikum und Polen gleichzeitig! Die ungestörten großen Rastgebiete im Nationalpark mit den angrenzenden Nahrungsgebieten sind als Möglichkeit zum “Auftanken” demnach immens wichtig.
Vor allem in den großen Flachwasserzonen um die Insel Bock, im Kubitzer Bodden und in der Udarser Wiek bei Ummanz befinden sich beliebte Kranichschlafplätze. An den Schlafplätzen der Bock-/Werder-Inseln nächtigen bis zu 40.000, auf Rügen und der Insel Kirr jeweils bis zu 15.000 Kraniche. Am liebsten schlafen Kraniche im knietiefen Wasser. Dort sind sie während des Schlafens unter anderem vor Füchsen sicher.
An verschiedenen Orten gibt es spezielle Beobachtungsplattformen, von denen Sie eine besonders gute Sicht haben, ohne die Tiere zu stören. An den Aussichtspunkten stehen Ihnen meist auch Ranger des Nationalparkamtes, Mitarbeiter des Kranich-Informationszentrums und ehrenamtliche Helfer für Auskünfte zur Verfügung.
Besuchen Sie doch auch einmal das NABU-Kranichzentrum in Groß Mohrdorf. Kraniche bei der Nahrungsaufnahme beobachten Sie ohne Störungen am Kranorama in der Nähe der Ortschaft Günz.
In der Region werden zur herbstlichen Kranichrast auch verschiedenste Führungen angeboten.
Was passiert, wenn Kraniche gestört werden?
Störungen verunsichern die Vögel und trennen ggf. die Eltern von ihren Jungen. Müssen die Vögel bei Störungen auffliegen, verursacht dies einen zusätzlichen Energieverbrauch. Dieser muss durch vermehrte Nahrungsaufnahme ausgeglichen werden. Bei starken und wiederkehrenden Störungen werden Schlafplätze sogar völlig aufgegeben.
Hätten Sie's gewusst?
- Dass Kraniche so laut rufen können, liegt am besonderen Bau und der enormen Länge ihrer Luftröhre. Sie kann bis zu 1,30 m lang sein.
- Jeder Kranich legt eine Strecke von 4.000 - 12.000 Kilometer alljährlich zurück, um von seinem Sommerlebensraum ins Überwinterungsgebiet und wieder zurück zu gelangen!
- Brütende Kraniche legen sich eine regelrechte Tarnbemalung zu, um nicht entdeckt zu werden. Mit Hilfe von aufgestrichenem Bodenmaterial färben sich brütende Weibchen das eigentlich graue Rückengefieder zu einem unauffälligem Braunton um.